IRAN: AMNESTY VERURTEILT HARTES DURCHGREIFEN GEGEN DEMONSTRANTEN


November 2009 - Amnesty International verurteilt die unverhältnismäßige Gewaltanwendung durch iranische Sicherheitskräfte während der Demonstrationen am 4. November. Zahlreiche friedliche Demonstrierende sind geschlagen und verhaftet worden. Die Sicherheitskräfte, darunter die für ihre Brutalität berüchtigten Basij-Milizen, benutzten Schlagstöcke und Tränengas, um Anhänger der Opposition zu zerstreuen. Einige der Demonstranten sollen Steine geworfen haben.
Tausende hatten sich in Städten überall im Land versammelt. Sie nutzten offizielle Versammlungen zur Erinnerung an den 30. Jahrestag der Erstürmung der US-Botschaft in Teheran, um gegen den umstrittenen Ausgang der Präsidentschaftswahl im Juni zu protestieren.
Den Verhafteten drohen Folter und Misshandlungen
"Aufgrund unserer Erfahrungen mit den Unruhen vom Sommer und unserer langjährigen Besorgnis wegen Folter im Iran wissen wir: die Verhafteten sind in Gefahr, gefoltert oder misshandelt zu werden", sagte Malcolm Smart, Leiter der Nahost- und Nordafrika-Abteilung von Amnesty International. "Ihre Familien sollten sofort über ihren Verbleib informiert werden und die Verhafteten sollten jede erforderliche ärztliche Versorgung und Zugang zu Anwälten ihrer Wahl erhalten."
Dr. Habibollah Peyman veröffentlichte Fotos seiner Verletzungen auf seiner Facebook-Seite.: © Privat
Unter denen, die verprügelt wurden, war der 74-jährige Habibollah Peyman, Mitglied des Nationalen Friedenskomitees, einer Gruppe, die zu einem Ende der Gewaltanwendung im Iran aufgerufen hatte. Der AFP-Journalist Farhad Pouladi wurde verhaftet, als er versuchte, über die Demonstrationen zu berichten. Er wird an einem unbekannten Ort gefangen gehalten.Auch der unterlegene Präsidentschaftskandidat Mehdi Karroubi, der seine Kritik an den Behörden deutlich geäußert hatte, nahm an den Protesten teil und wurde mit Tränengas angegriffen. Einer seiner Leibwächter musste deshalb ins Krankenhaus eingeliefert werden. Vor den Demonstrationen hatte Karroubi Todesdrohungen erhalten, für den Fall, dass er an den Protesten teilnehme.
Augenzeugen berichten von Übergriffen durch die Sicherheitskräfte
Eine Augenzeugin teilte Amnesty International mit, dass sie keine Gewaltanwendung seitens der Demonstranten gesehen habe. Die Demonstranten seien dennoch von den Basij-Milizen und anderen Sicherheitskräften mit Schlagstöcken angegriffen worden. Sie berichtete über eine Demonstrantin, die in ein Büro in der Nähe der ehemaligen US-Botschaft in Teheran flüchtete, wo Einheiten der Polizei Passanten schlugen und Fenster zerstörten.
Menschenrechtsverteidiger in Haft
Amnesty International hat Informationen über die Verhaftung der Frauenrechtlerin und Journalistin Vahideh Molavi erhalten. Auch Nafiseh Zareh-Kohan, Hojjat Sharifi und Ali Mashmouli wurden verhaftet. Alle vier werden an einem geheimen Ort gefangen gehalten, was Anlass zur Sorge um ihre Sicherheit gibt.
Hassan Asadi Zeidabadi, Leiter des Menschenrechtskomitees der Graduiertenvereinigung des Iran, wurde am Dienstagabend verhaftet. Sein Sprecher bezeichnete dies als "Präventivschlag" durch die Behörden am Tag vor dem geplanten Protest. Zwei weitere Mitglieder der Vereinigung, Mohammad Sadeghi und Ali Malihi, wurden am selben Abend verhaftet.
Amnesty fordert: Keine Gewalt gegen friedliche Demonstranten
"Die iranischen Behörden müssen friedlichen Protest erlauben - auch gegen das Ergebnis der Präsidentschaftswahl - und die Basij-Miliz von den Straßen entfernen", sagte Malcolm Smart. "Demonstrationen sollten von Sicherheitskräften begleitet werden, die dafür ausgebildet sind und die Menschenrechte respektieren, nicht durch gewalttätige irreguläre Einheiten. Alle Berichte über Schläge, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen müssen unabhängig untersucht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden."